Jan Böhmermanns Abrechnung mit den ‘Menschen von gestern’: Warum wir uns von überholten Denkweisen verabschieden müssen
Jan Böhmermanns jüngster Beitrag ist ein intensiver satirischer Rundumschlag, der sich mit den Herausforderungen der Gegenwart auseinandersetzt und dabei ein klares Ziel ins Visier nimmt: die „Menschen von gestern“. In seiner unverkennbaren, provokanten Art beschreibt Böhmermann diese Menschen als eine Gruppe, die durch ihre altmodischen Denkweisen und Unfähigkeit, sich den Anforderungen der modernen Welt anzupassen, zu einer ernsten Bedrohung für unsere Gesellschaft geworden ist.
Die „Menschen von gestern“ – Ein Porträt
Wer sind diese „Menschen von gestern“, von denen Böhmermann spricht? Es sind jene, die in der Vergangenheit verhaftet sind, unfähig, sich mit den komplexen Realitäten der Gegenwart auseinanderzusetzen. Für Böhmermann sind es Menschen, die bei Begriffen wie „Wärmepumpe“ oder der Frage „Was unternehmen wir jetzt gegen Russland?“ in Verlegenheit geraten und in gedanklichen Sackgassen steckenbleiben. Ihre Reaktionen sind geprägt von Ausweichmanövern, nostalgischen Rückblicken und einem tief sitzenden Pazifismus, der angesichts der gegenwärtigen geopolitischen Lage als naiv und gefährlich erscheint.
Diese „Menschen von gestern“ verweigern sich der Realität. Sie klammern sich an überkommene Denkmuster und vermeiden es, Verantwortung zu übernehmen oder Lösungen für die drängenden Probleme unserer Zeit zu finden. Stattdessen flüchten sie sich in alte Erklärungsmodelle, die längst nicht mehr greifen, und in die heile Welt einer vermeintlich einfacheren Vergangenheit.
Böhmermanns Angriff auf die Verweigerung der Realität
Böhmermann lässt keinen Zweifel daran, dass diese Haltung nicht nur hinderlich, sondern gefährlich ist. Die Welt sei nicht erst jetzt kompliziert geworden, sie war es immer schon. Doch die „Menschen von gestern“ hätten ihre Fähigkeit verloren, sich in dieser Welt zurechtzufinden. Statt sich der Gegenwart zu stellen und sich auf die Zukunft einzulassen, halten sie an einer illusionären Vergangenheit fest.
Besonders kritisch sieht Böhmermann das Bestreben, politische und gesellschaftliche Probleme durch einfache Feindbilder und Sündenböcke zu lösen. Diese Art des Denkens führt laut Böhmermann zu einem gefährlichen Rückfall in archaische Denkmuster, die die gesellschaftliche Entwicklung hemmen und den Fortschritt blockieren. Er sieht in diesen „Menschen von gestern“ die größte Bedrohung für eine friedliche und fortschrittliche Zukunft.
Die Notwendigkeit eines neuen Umgangs
Böhmermann plädiert für einen radikalen, aber gleichzeitig pragmatischen Umgang mit diesen „Menschen von gestern“. Er fordert eine klare Abgrenzung und eine konsequente Konfrontation mit ihren veralteten Denkweisen. Dabei schlägt er vor, neue „Ausgrenzungskategorien“ zu schaffen, die sich nicht nach unveränderlichen Merkmalen wie Herkunft oder Hautfarbe richten, sondern nach dem Denken und Handeln der Menschen. Diese Kategorien sollten jedoch so gestaltet sein, dass es den Ausgegrenzten möglich bleibt, durch Einsicht und Veränderung ihrer Denkweise wieder Teil der Gesellschaft zu werden.
Böhmermanns Ansatz ist dabei bewusst provokant. Er spielt mit dem Gedanken, die „Menschen von gestern“ in den öffentlichen Diskurs zu treiben, bis sie entweder ihre Überzeugungen ändern oder sich selbst in ihrer Widersprüchlichkeit auflösen. Diese Auseinandersetzung, so Böhmermann, müsse jedoch immer gewaltfrei und respektvoll erfolgen – auch wenn sie inhaltlich schonungslos ist.
Die Herausforderungen der Gegenwart und die Verantwortung der „Menschen von heute“
Im weiteren Verlauf seines Beitrags macht Böhmermann deutlich, dass die „Menschen von heute“ eine besondere Verantwortung tragen. Es ist ihre Aufgabe, den Diskurs zu dominieren und die Weichen für eine zukunftsfähige Gesellschaft zu stellen. Dabei müssen sie entschlossen gegen die „Menschen von gestern“ vorgehen, indem sie sie immer wieder mit den Realitäten der Gegenwart konfrontieren.
Für Böhmermann gehören dazu klare und unumstößliche Fakten: Elektromobilität ist die Zukunft, inklusive Sprache ist notwendig, die Klimakrise verlangt radikale Maßnahmen, und der Kampf gegen autoritäre Tendenzen muss mit aller Konsequenz geführt werden. Diese Positionen sind nicht verhandelbar, sondern stellen die Grundpfeiler für eine zukunftsfähige Gesellschaft dar.
Die Vision einer inklusiven und fortschrittlichen Zukunft
Abschließend entwirft Böhmermann eine Vision, in der die „Menschen von heute“ und die „Menschen von morgen“ gemeinsam eine neue, bessere Gesellschaft gestalten. Es geht darum, alte Gräben zuzuschütten und gemeinsam neue Wege zu gehen. In dieser neuen Gesellschaft sollen nicht mehr ideologische oder nationale Gegensätze dominieren, sondern der gemeinsame Wille, die drängenden Probleme unserer Zeit zu lösen.
Böhmermanns Beitrag ist ein Aufruf zur Verantwortung und zum Handeln. Er fordert seine Leser auf, sich klar zu positionieren und für eine bessere Zukunft zu kämpfen. Die „Menschen von gestern“ mögen noch überall präsent sein, aber ihre Zeit läuft ab. Es liegt an den „Menschen von heute“, den Weg in die Zukunft zu ebnen und dafür zu sorgen, dass die kommenden Generationen in einer Welt leben können, die von Vernunft, Solidarität und Fortschritt geprägt ist.
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